Leistungsschwäche bei Neuntklässlern
Leistungsschwäche bei Neuntklässlern, Foto: Pixabay

Die aktuellen Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2024 zeichnen ein alarmierendes Bild der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen deutscher Neuntklässler. Immer mehr Jugendliche erreichen die festgelegten Mindeststandards nicht, was auf strukturelle und pädagogische Defizite im Bildungssystem hinweist. Der Bericht, erstellt im Auftrag der Kultusministerinnen und Kultusminister der Länder, untersucht regelmäßig, inwieweit die Schülerinnen und Schüler die geforderten Bildungsstandards erfüllen.

Inhaltsverzeichnis:

Schlechte Ergebnisse in Niedersachsen

In Niedersachsen zeigen die Ergebnisse besonders große Defizite. 37,1 Prozent der Neuntklässler verfehlen in Mathematik die Mindeststandards für den Mittleren Schulabschluss. Damit liegt das Bundesland deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von 34 Prozent. In den Naturwissenschaften ist die Situation nur geringfügig besser:

  1. Chemie: 26,3 Prozent erreichen nicht das notwendige Fachwissen.
  2. Physik: 18,2 Prozent bleiben unter dem Standard.
  3. Biologie: 11,8 Prozent verpassen die Mindestanforderungen.

Staatssekretär Stephan Ertner betonte, dass angesichts dieser Zahlen dringender Handlungsbedarf besteht. Das Kultusministerium plant, die Kerncurricula zu überarbeiten, die Unterrichtsstunden in den Grundschulen zu erhöhen und digitale Werkzeuge gezielter einzusetzen.

Hamburg mit unterdurchschnittlichen Naturwissenschaften

Hamburg weist ein gemischtes Ergebnis auf. In Mathematik schneiden die Neuntklässler leicht überdurchschnittlich ab, doch 32,8 Prozent verfehlen auch hier die Mindeststandards für den Mittleren Schulabschluss. In den Naturwissenschaften liegt Hamburg unter dem Bundesdurchschnitt. Besonders auffällig sind die Zahlen:

  • 26,2 Prozent erreichen in Chemie nicht das geforderte Wissen,
  • 18,9 Prozent in Physik,
  • 10,6 Prozent in Biologie.

Diese Werte zeigen, dass auch wirtschaftsstarke Stadtstaaten mit Bildungsproblemen kämpfen. Der Bericht macht deutlich, dass die Leistungsunterschiede zwischen den Bundesländern erheblich sind.

Mecklenburg-Vorpommern mit starkem Abwärtstrend

In Mecklenburg-Vorpommern ist ein deutlicher Leistungsrückgang zu verzeichnen. 33,8 Prozent der Neuntklässler erreichen nicht die Mindeststandards in Mathematik. Im Jahr 2012 lag dieser Wert noch bei 19,7 Prozent. Auch in den Naturwissenschaften zeigt sich eine kontinuierliche Verschlechterung:

  • Chemie: 22,2 Prozent erreichen die Standards nicht.
  • Physik: 12,9 Prozent bleiben zurück.
  • Biologie: 8,7 Prozent liegen unter dem geforderten Niveau.

Trotz dieses Rückgangs liegt Mecklenburg-Vorpommern insgesamt leicht über dem Bundesdurchschnitt. Die langfristige Entwicklung bleibt jedoch besorgniserregend und deutet auf strukturelle Probleme im Bildungssystem hin.

Schleswig-Holstein mit überdurchschnittlichen Ergebnissen

Positiv fällt Schleswig-Holstein auf. Das nördlichste Bundesland schneidet in allen getesteten Fächern besser als der Bundesdurchschnitt ab. Die Zahlen im Überblick:

  1. Mathematik: 29,8 Prozent verfehlen die Mindeststandards (Bundesdurchschnitt: 34 Prozent).
  2. Chemie: 19,3 Prozent bleiben zurück.
  3. Physik: 12,6 Prozent erreichen die Standards nicht.
  4. Biologie: 6,1 Prozent liegen unter dem Mindestniveau.

Damit zeigt Schleswig-Holstein, dass Verbesserungen durch gezielte Bildungsmaßnahmen möglich sind. Der Bericht hebt hervor, dass hier bereits seit Jahren auf differenzierte Förderung und angepasste Lehrpläne gesetzt wird.

Ursachen und Folgen laut IQB-Bildungstrend

Der IQB-Bildungstrend 2024 bewertet die Gesamtergebnisse als besorgniserregend. Zum einen erreichen viele Jugendliche die Mindeststandards in Mathematik, Chemie, Physik und Biologie nicht. Zum anderen verschlechtern sich die Kompetenzen seit Jahren kontinuierlich. Mehrere Faktoren werden genannt:

  • Geringes Interesse der Jugendlichen an naturwissenschaftlichen Fächern.
  • Abnehmende emotionale Bindung an die Schule.
  • Zunehmende psychosoziale Auffälligkeiten.
  • Nachwirkungen der Corona-Pandemie.

Die Pandemie hat die Lernentwicklung stark beeinflusst. Die befragten Jugendlichen waren während der Krise in der 5. Klasse, als sie gerade den Übergang auf die weiterführende Schule erlebt hatten. Die Schulschließungen und der eingeschränkte Unterricht haben diesen Prozess erheblich gestört. Fachleute sehen darin eine wesentliche Ursache für die sinkenden Kompetenzen.

Der IQB-Bericht macht deutlich, dass die Leistungen deutscher Neuntklässler in Mathematik und Naturwissenschaften ein kritisches Niveau erreicht haben. Die Bildungsforscher fordern daher, die bestehenden Maßnahmen konsequent umzusetzen und neue Strategien zu entwickeln, um den negativen Trend zu stoppen.

Quelle: NDR