Die Landesverwaltung Schleswig-Holsteins hat einen wichtigen Schritt in Richtung digitale Souveränität gemacht. Rund 30.000 Beschäftigte erhalten derzeit neue Software, die Microsoft-Produkte vollständig ersetzen soll. Nach Angaben der Staatskanzlei wurde das komplette Mailsystem in den letzten sechs Monaten erfolgreich auf Open-Source-Lösungen umgestellt. Doch die Einführung verläuft nicht ohne Schwierigkeiten.
Inhaltsverzeichnis:
- Umstellung der E-Mail-Systeme abgeschlossen
- Kritik aus der Justiz und den Behörden
- Reaktion des Digitalisierungsministers Dirk Schrödter
- Nächste Schritte mit Nextcloud und Linux
- Open Source im Rechtsausschuss
Umstellung der E-Mail-Systeme abgeschlossen
Mehr als 40.000 Postfächer mit über 100 Millionen E-Mails und Einträgen wurden übertragen. Damit ist die erste Etappe der groß angelegten Softwareumstellung abgeschlossen. Ziel des Projekts ist es, die Verwaltung von internationalen Technikkonzernen unabhängiger zu machen. Das System soll künftig auf offenen Standards basieren und langfristig Kosten senken.
Laut Staatskanzlei sei die Migration technisch erfolgreich verlaufen, jedoch zeigen sich im Alltag noch Probleme. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer berichten von längeren Ladezeiten und weniger Komfort im Vergleich zu den bisherigen Microsoft-Anwendungen wie Outlook oder Word. Auch das Justizpersonal beklagt technische Schwierigkeiten, die die tägliche Arbeit behindern.
Kritik aus der Justiz und den Behörden
Der Erste Sprecher der Neuen Richtervereinigung, Michael Burmeister, äußerte sich zurückhaltend optimistisch. Er erklärte, dass der eingeschlagene Weg grundsätzlich richtig sei, aber noch viele Hürden bestehen. Eine spezielle Task Force habe bereits zahlreiche Probleme behoben, doch die Systeme funktionierten weiterhin nicht reibungslos. Die Arbeit werde dadurch verlangsamt, was wertvolle Zeit koste.
Die Kritik aus dem Justizbereich hat in den vergangenen Wochen zugenommen. Gerichtspräsidentinnen, Gerichtspräsidenten und der Generalstaatsanwalt warnten in einem Brief an Digitalisierungsminister Dirk Schrödter (CDU) vor massiven Beeinträchtigungen des Betriebs. Demnach konnten wichtige E-Mails teilweise nicht geöffnet werden, was die Entscheidungsprozesse erschwerte. Zudem seien Tausende Nachrichten aus dem Innenministerium versehentlich in nicht zuständigen Dienststellen gelandet. Auch die Polizeigewerkschaft meldete Unzufriedenheit an.
Reaktion des Digitalisierungsministers Dirk Schrödter
Nach dieser Welle der Kritik reagierte Minister Dirk Schrödter mit einer schriftlichen Entschuldigung an die Mitarbeiter der Landesbehörden. Gleichzeitig betonte er die langfristigen Vorteile der Umstellung. Er bezeichnete die abgeschlossene Migration des Mailsystems als Meilenstein auf dem Weg zur digitalen Souveränität.
Schrödter erklärte, dass die vergangenen Monate gezeigt hätten, wie komplex ein solches Projekt sei. Dennoch sehe er Schleswig-Holstein auf dem richtigen Kurs. „Wir sind echte Pioniere“, sagte er bei einer internen Besprechung. Auch Michael Burmeister betonte, dass trotz der Schwierigkeiten die Unabhängigkeit von großen Konzernen der richtige Schritt sei.
Nächste Schritte mit Nextcloud und Linux
Die Softwareumstellung ist noch nicht beendet. Als nächstes wird die Einführung von Nextcloud vorbereitet, die das bisherige System Microsoft SharePoint ersetzen soll. Diese Plattform soll als zentrale Lösung für die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung dienen. Parallel wird das Betriebssystem Linux getestet, um künftig auch hier auf offene Lösungen zu setzen. Zudem ist geplant, die Telefonsysteme auf Open-Source-Basis zu betreiben.
Für die rund 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet das weitere Anpassungen. Laut Burmeister sei die Stimmung gemischt, da die Umstellung viel Geduld und Flexibilität erfordere. Dennoch herrsche die Einsicht, dass dieser Wandel notwendig sei.
Wichtige Punkte im Überblick:
- Über 40.000 Postfächer wurden erfolgreich auf Open Source migriert.
- 30.000 Mitarbeitende erhalten schrittweise neue Software.
- Nextcloud und Linux werden die nächsten Implementierungsphasen bilden.
- Kritik aus Justiz und Polizei hält an, trotz deutlicher Fortschritte.
Open Source im Rechtsausschuss
Am 8. Oktober wird das Thema erneut im Rechtsausschuss behandelt. Dort soll Richter Michael Burmeister über den aktuellen Stand der Einführung berichten. Geplant ist eine Analyse der bisherigen Ergebnisse und eine Bewertung der technischen Herausforderungen.
Die Landesregierung bleibt entschlossen, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Schleswig-Holstein will mit dem Projekt zeigen, dass digitale Unabhängigkeit auch im öffentlichen Dienst möglich ist – trotz aller Anfangsschwierigkeiten.
Quelle: NDR